16 März 2016

Blogparade: Gaming - Nur was für Nerds?



Aloha

Ich werde diesen Post parallel auf beiden Blogs veröffentlichen, also hier und auf gameatorium, da ich ja nun einmal ein und dieselbe Person bin und da auch keinen Hehl draus mache. So viel nur dazu.

Die Blogparade wurde von Die Prüfkiste ins Leben gerufen und dreht sich, wie der Titel schon sagt, ums Zocken. Natürlich muss ich mich da einklinken, denn ich bin leidenschaftliche Zockerin. Vielleicht sogar etwas zu leidenschaftlich, aber das hat seine Gründe.

Von Kleinauf

 

Ich war ein schüchternes Kind, vielleicht war das der Grund, warum ich schon früh zu Computern kam. Vielleicht lag es auch daran, dass meine Eltern geschieden waren. Mein Vater besaß einen Computer, einen Amiga 500+, und meine Mutter fand Computerspiele gleichzeitig absolut dumm und überflüssig. Die Situation führte dann dazu, dass ich neben meinem Vater auch (vielleicht eher vor allem) seinen Computer glorifiziert hatte. Erschwerend kam hinzu, dass alle meine Freunde Gameboys und Nintendos hatten, nur ich nicht, weil meine Mutter das ja, wie gesagt, dumm fand.

Meine ersten Spiele waren alte Adventures von LucasArts gewesen, zusammen mit den Gianna Sisters. Ja, dieses Spiel mit dem großen Rechtsstreit mit Nintendo, wo noch immer gemunkelt wird, dass Nintendo geklaut hat, aber den Prozess gewann, weil sie mehr Geld hatten. Ich habe da keine Meinung zu, außer der, dass offensichtlich einer den anderen dreist kopiert hat. Wer wen ist mir egal, ich mag Jump’n’Runs auch nicht besonders.

Adventures, diese interaktiven Geschichten, sind dagegen bis heute mein Lieblingsgenre, weit vor anderen storylastigen Spielen. Rollenspiele, Strategiespiele und Simulationen schließen sich aber direkt an und schon als kleines Mädchen von fünf Jahren hatte ich viel Spaß an Risiko und Battle Isle.

Lionheart und das Schreiben

 

Über Videospiele bin ich auch zum Schreiben gekommen, mehr oder weniger. Meine großen Vorbilder aus dem Fernsehen waren lustigerweise schon immer Schriftstellerinnen gewesen und ich habe auch immer gerne Geschichten erzählt. Richtig los ging es mit dem Schreiben aber tatsächlich erst mit »Lionheart«, einem Jump’n’Run der Firma Thalion. Es war das letzte Spiel der Firma, die aufgrund von Raubkopien bankrott ging. Auch das gab es in den Neunzigern schon.

Dem Spiel lag jedenfalls eine Anleitung bei, in der eine kurze, etwa dreiseitige Vorgeschichte abgedruckt war, wie der Protagonist Valdyn überhaupt zu seiner Aufgabe gekommen war. Diese Geschichte und das unglaublich schwere, aber erstaunlich storylastige Spiel, haben mich dazu bewogen, die Geschichte selbst aufzuschreiben. Die Vorgeschichte habe ich noch weiter ausgebaut, den Speilverlauf und Valdyns Ängste und Gedanken beschrieben. Später wurde er zu einem wichtigen Helden, die Geschichte des ganzen Landes ging weiter. Ich habe ihm Figuren aus anderen Spielen als Freunde an die Hand gegeben.

Irgendwann hat sich Valdyn dann verselbstständigt und die Pfade seiner Herkunft verlassen, heute ist von dem Fanfictioncharakter wenig übrig, dafür hat er mich zu einer ganzen Menge neuer Figuren geführt. Viel wichtiger war aber, dass er mir gezeigt hat, dass man Geschichten schrieben kann, die länger als zweioder drei Seiten sind. Lionheart hat den Berufswunsch in mir gefestigt und nur deswegen sitze ich vermutlich hier und schreibe überhaupt irgendetwas auf.

Pokemon und das Leben

 

Ein weiteres Spiel, das den Verlauf meines Lebens ebenso beeinflusst hat wie Lionheart, war die Pokémon-Serie. Wie schon erwähnt, war und bin ich eher ein introvertierter Typ und hatte schon immer viel mit Mobbing zu kämpfen. Das steigerte sich noch, als ich von der Realschule auf das Gymnasium gewechselt bin. Ich hatte zu dem Zeitpunkt noch genau eine Freundin, die aber auf der Realschule geblieben war. Die Freundschaft verlief sich dann leider auch mit der Zeit und im siebten Schuljahr stand ich alleine da. Ein junges Mädchen gegen den Rest einer sehr feindlichen Welt.

Der einzige Lichtblick war die Tatsache, dass wir mittlerweile 1999 hatten und Pokémon auf den Markt kam. Ich hatte in der Zeit im Gymnasium mehr und mehr Zeit mit meinem Gameboy verbracht und war durch eine Zeitschrift auf das Spiel aufmerksam geworden. Ich habe mich, nachdem ich das Spiel hatte, regelrecht in diese Welt geflüchtet, bis hin zum Realitätsverlust. Es kamen damals einfach so viele Dinge zusammen.

Aber Pokémon hatte etwas Gutes. Da ich zu dem Zeitpunkt noch kein N64 besaß, aber gerne die Konsolenableger spielen wollte, trieb ich mich in meiner Freizeit bei einem Kaufhaus in der Stadt herum. Dort fand ich vor dem Ausstellungsgerät tatsächlich eine neue Freundin, mit der ich viel Zeit verbrachte. Leider hat sich der Kontakt heute auch etwas verlaufen.

Daneben hat Pokémon mir direkt und indirekt noch mehr Freunde aus ganz Deutschland und sogar in Bulgarien gebracht. Ich kann also nicht unterschreiben, dass man durch Videospiele in irgendeiner Form soziopathisch oder soziophob werden würde, um Gegenteil. Gerade ich als introvertierter Mensch habe gelernt, mich dadurch zu öffnen. Auch und vielleicht vor allem, weil ich als Mädchen an einer Mädchenschule mein doch eher seltenes Hobby ständig verteidigen musste.


Mortal Kombat und die Wut

 

Das Mobbing hatte noch ein anders Problem mit sich gebracht, bei dessen Bewältigung mir Videospiele geholfen haben: Wut und Aggression.

Vornehmlich war ich gegen mich selbst aggressiv, aber zumindest mit Worten und meinem Verhalten konnte ich auch verletzend auf andere Menschen reagieren. Außerdem hatte ich lange einen tiefen mörderischen Drang in mir, vor allem gegen die Leute, die mich gemobbt haben. Ich glaube, das ist normal, aber sicherlich muss man lernen, diesen Drang zu beherrschen. Auch dabei haben mir Videospiele geholfen, und zwar ausgerechnet solche, denen man gerne nachsagt, dass sie Teenager zu Gewalttätern machen.

Ich bin bekennender Mortal Kombat Fan und vergleichsweise gut in diesem Spiel. Als Frau. Aufgrund meiner eigenen Erfahrungen sehe ich die Sache mit den »gewaltverherrlichenden Spielen« auch sehr differenziert. Ich hatte ein hohes Aggressionspotenzial, dass ich mit brutalen Spielen, die eine hohe Reaktionsfähigkeit und Auffassungsgabe erfordern, gut in den Griff bekommen habe. Wenn ich heute so wütend bin, dass Laufen nicht hilft, schalte ich ein Prügelspiel an.

Allerdings kann ich mir vorstellen, dass die gleiche Situation bei einem anders gepolten Menschen dazu führt, dass er irgendwann aus dem Spiel nicht mehr herauskommt und es mit in die Realität nimmt. Dafür kann aber das Spiel nichts, die Situation, die das Verhalten soweit hat eskalieren lassen, liegt immer früher im Leben als das exzessive Zocken. Solange die Leute sich selbst mit ihrer Realitätsflucht kaputt machen, kommen die Medien ja auch nicht auf die Idee, ihren Hilfsmitteln die Schuld zu geben.

»Alkohol treibt Mann in den Selbstmord« habe ich zumindest noch nie als Schlagzeile gelesen.

Fazit

 

Sorry erst mal für diesen langen Post, aber wie man sieht, ist das ein Thema, das mich sehr bewegt. Vor allem, weil Spieler immer noch falsch bewertet werden. Dabei gibt es mittlerweile kaum noch Leute, die keine Videospiele spielen. Selbst, wenn man mit Elder Scrolls, Counter Strike, Sims und Street Fighter nichts anfangen kann: Ganz viele Leute spielen Dinge wie Candy Crush auf Facebook oder ihrem Handy. Gamer sind keine schmierhaarige Minderheit in dunklen Kellerräumen mehr.

Vor allem rasten wir nicht irgendwann grundlos aus, kaufen uns ein Gewehr und erschießen wahllos Leute. Oder mauern sie ein, weil wir Tetris statt Call of Duty spielen.

Videospiele können großartige Geschichten erzählen, auf eine ganz andere Weise als ein Film oder ein Roman. Sie sind ein Zwischending zwischen diesen beiden Medien. Und sie können Leben verändern, positiv wie negativ.

Vielleicht spiele ich ein bisschen mehr, als gesund für mich wäre, das mag sein. Aber die Spiele haben mir eine breite, offene Weltsicht beigebracht, sie haben mir Freunde beschert, die ich im »echten Leben« nie gefunden hätte, sie haben mir meinen Weg gezeigt und mich mehrmals von Mord und Selbstmord abgehalten.

Ganz davon abgesehen, ist Spielen ein Grundzug des Menschen. Spielen ist ein Zeichen von Lernen und je länger die Spielphasen andauern, desto intelligenter ist angeblich die spielende Spezies. Das klingt doch alles ganz brauchbar, oder nicht?
Alles Gute
Jo

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